Jahr 1862
Der „Courier an der Weser" schrieb im Jahre 1862 über die Schaffermahlzeit unter anderem:
„Nachdem wir Platz genommen, wird unsere Neugier gleich durch ein paar Gegenstände rege gemacht, die wir sonst bei einem Couvert nicht zu finden gewohnt sind; es sind dies zwei lange schmale Düten, die eine von Gold-, die andere von Silberpapier; die vorgenommene Untersuchung belehrte uns, daß die goldene Düte Pfeffer, die silberne Salz enthält - eine jedenfalls eben so originelle als praktische Idee; indem wir die Servietten aufheben, stoßen wir aber schon wieder auf einen neuen bei anderen Tafeln ungewohnten Gegenstand: wir finden unter derselben ein Quartblatt weißen Löschpapiers; der Zweck dieses eigenthümlichen Tischrequisits wird uns durch unsern Nachbar erklärt; es dient dazu, Messer und Gabel, die hier nicht gewechselt werden, nach jedem Gange abzuwischen - wieder ebenso originell als praktisch! Endlich kommt die Suppe, die auf Steinguttellern aus dem Jahre 1789 servirt wird, welche Zahl inmitten des Tellers in einem Eichenkranze neben einem Anker angebracht ist; es ist eine deliciöse Hühnersuppe, zu der das Fleisch in achtbaren Stücken umhergereicht wird, das außerdem noch von einer Composition feingehackten Rauchfleisches begleitet ist. Der Suppe folgt ein Stockfisch und diesem der erste Toast, den einer der uns vorher begrüßenden Herren auf das Wohl der Gäste ausbringt. Bei dem vortrefflichen Bordeaux und Haut-Sauternes kommt man der freundlichen Aufforderung, das Glas zu leeren, gern nach. Den nächsten Gang bildet das Leibgericht der Bremer, Braunkohl mit Pinkeln und Rauchfleisch; zur Belehrung der nichtbremischen Gourmands sei bemerkt, daß die Pinkeln eine in Därmen gefüllte Composition von Grütze und Rindernierenfett bilden, zu deren Goutirung indeß eine nicht minder starke Gewohnheit gehört, als zu den Topfennudeln der Ungarn. Der Braunkohl wechselte mit Sauerkraut in Begleitung von Frankfurter Würsten und Schinken ab, und diesem folgten wieder Teltower Rüben mit Karbonaden und Fricandelen."
Danach wird ausführlich über das Seefahrtsbier und über die in ihm wohnende Heilkraft berichtet, und im weiteren Verlauf heißt es:
„Doch kehren wir, nach dieser Abschweifung auf die medicinische Theorie, zu unserer gastronomischen Praxis zurück.
Mit den oben zuletzt genannten Teltower Rüben mit obligater Carbonaden- und Fricandelenbegleitung war die Reihe der Gerichte nach keineswegs geschlossen - man traut hier einem gesunden Magen weit größere Dinge zu. Es erschien jetzt ein saftiger Rindsbraten nebst mehreren Salaten und dann zur Abwechslung ein dito Kalbsbraten mit verschiedenen Compots, wem aber diese Fleischmassen noch nicht genügten, der konnte das ihm Fehlende durch die jetzt herumgereichte verführerisch aussehende Ochsenzunge ergänzen. Endlich erschien das mannigfaltige Dessert und beschloß dieses Mahl, dem ein durch hannoversche Restaurationskost verwöhnter Magen allerdings nicht gewachsen ist. Obwol unsere Thätigkeit durch die Bewältigung der andringenden Speisenmassen völlig in Anspruch genommen war, wurde doch das Trinken keineswegs vergessen, dafür sorgten schon die in regelmäßigen Intervallen ausgebrachten Gesundheiten, bei denen uns zunächst auffiel, daß sie abwechselnd nur von drei an den Enden der Tafel sitzenden Herren ausgebracht wurden, mit denen zugleich beim jedesmaligen Sprechen sich ihre beiden nächsten Tischnachbarn erhoben.